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Pflegeversicherung im Fokus - Statement bringt es auf den Punkt

Verfasst: 12.07.2025, 07:10
von WernerSchell
Pflegeversicherung im Fokus - Statement bringt es auf den Punkt

"Wir brauchen kein Reförmchen, wir brauchen eine grundlegende Reform." - Nina Warken, Bundesgesundheitsministerin, zur Pflegeversicherung. - Zu den gebotenen Reformerfordernissen gab es von hier bereits ein Statement >>>> https://www.wernerschell.de/forum/2/vie ... f=5&t=1378

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Presse- und Informationsamt der Bundesregierung - 11.07.2025

Deutscher Bundestag
Rede der Bundesministerin für Gesundheit, Nina Warken,
zum Haushaltsgesetz 2025 vor dem Deutschen Bundestag am 10. Juli 2025 in Berlin:



Herr Präsident!
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Gute Pflege und hochwertige Gesundheitsversorgung sind für uns alle unverhandelbar. Viele Menschen erfahren diese Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems immer wieder im Alltag: wenn die Krebserkrankung dank Früherkennung rechtzeitig erkannt und erfolgreich behandelt wird oder wenn dank innovativer und häufig kostspieliger Gentherapien heute Krankheiten behandelbar sind, bei denen es vor wenigen Jahren noch keine Hoffnung gab.

Gute Pflege und Gesundheitsversorgung geben dem Einzelnen und seinen Angehörigen Sicherheit. Sie stärken den gesellschaftlichen Zusammenhalt und das Vertrauen in den Staat, und sie sind wesentlich für die Güte des Standorts Deutschland. An dieser Stelle möchte ich allen Beschäftigten im Gesundheitsbereich meinen aufrichtigen Dank aussprechen. Herzlichen Dank an die sechs Millionen Menschen, die hoch qualifiziert und motiviert in Gesundheit und Pflege arbeiten! Drei Viertel davon sind übrigens Frauen.

Neben einer leistungsgerechten Bezahlung sind wir ihnen vor allem gute Arbeitsbedingungen schuldig. Dazu gehören sinnhafte und effiziente Strukturen in Gesundheit und Pflege, die Befreiung von überbordender Bürokratie und eine nachhaltige Finanzierung der Versorgungssysteme. All das haben wir bereits in Angriff genommen. Denn es sind die Voraussetzungen dafür, dass die Patientinnen und Patienten heute und in Zukunft gut versorgt werden, vom Hausarzt oder Psychotherapeuten im Wohnviertel bis zur Hochleistungsmedizin in der Uniklinik. Wir gehen diese Herausforderungen jetzt mit tiefgreifenden und mutigen Reformen an. Wir sehen dabei vor allem Chancen, das Gesundheitssystem besser und verlässlicher zu machen, für uns alle, für unsere Eltern, für unsere Kinder.

Um das zu erreichen, steht bei uns die Fachkräftesicherung ganz oben auf der Agenda. Für die Pflege werden wir daher noch im Sommer zwei Gesetze im Kabinett beschließen. Wir werden die Befugnisse der Pflegekräfte erweitern und das Berufsbild aufwerten. Wir werden zusammen mit dem Bundesfamilienministerium eine bundeseinheitliche Ausbildung für die Pflegefachassistenz auf den Weg bringen. Zudem werden wir auch in diesem Jahr noch einen Entwurf für die beschleunigte Anerkennung der Qualifikation von ausländischen Ärztinnen und Ärzten vorlegen.

Neben der Fachkräftesicherung sind grundlegende und weitreichende Reformen der Versorgungsstrukturen entscheidend. Das gilt für die ambulante und stationäre Versorgung sowie für die Pflege.

All dieses Reformen haben zwei Triebfedern: die Sicherstellung einer hochwertigen Versorgung und zugleich die Gewährleistung der Bezahlbarkeit. Wir haben schlichtweg die Verantwortung, diese beiden Seiten immer mitzudenken.

Die Krankenhausreform und ihre Anpassung haben hierbei einen besonderen Stellenwert. Wir erarbeiten gerade den Referentenentwurf für das Krankenhausreformanpassungsgesetz. Nach der Sommerpause kommt er ins Kabinett.

Dabei bleibt es bei den Grundprinzipien der Reform: mehr Qualität, mehr Spezialisierung, mehr Effizienz.

Zugleich muss die flächendeckende medizinische Versorgung für Patientinnen und Patienten gewährleistet bleiben, gerade auch auf dem Land. Das werden wir jetzt noch stärker sicherstellen. Das haben wir gerade auch mit den Ländern in einem Dialog auf Augenhöhe so vereinbart.

Die Krankenhausreform wird jetzt praxistauglicher. Dazu gehören auch die dringend benötigten Soforthilfen für die Krankenhäuser. Wir werden den Krankenhäusern jetzt zeitnah bei den Soforttransformationskosten aus den Jahren 2022 und 2023 finanziell unter die Arme greifen. Hierfür haben wir vier Milliarden Euro aus dem Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität vorgesehen. Wir haben das zugesagt, und wir lösen das jetzt schnell und unbürokratisch ein, und zwar noch in diesem Jahr, ab November. Diese Mittel sind im Sinne der Reform notwendig. Wir wollen einen kalten Strukturwandel vermeiden. Konzentration und Spezialisierung müssen geplant und geordnet erfolgen, damit wir unsere Reformziele erreichen.

Das gilt auch für die Umstellung bei der Finanzierung des Transformationsfonds. Dieser wird künftig aus dem Sondervermögen erfolgen statt, wie aktuell geregelt, aus Beitragsmitteln der Gesetzlichen Krankenversicherung. Krankenhäuser sind Infrastruktur. Sie kommen uns allen zugute. Es geht hier unmittelbar um die Versorgungssicherheit in der Zukunft.

Das gilt natürlich ganz besonders auch für die Versorgung in Notfällen. Wer einen Notfall erleidet, braucht schnell Hilfe, ob auf dem Land oder in der Großstadt. Darauf müssen sich die Menschen überall verlassen können. Daher arbeiten wir gerade an einem neuen Gesetzentwurf zur Reform der Notfallversorgung. Ja, unsere Notfallreform wird auch den Rettungsdienst umfassen; das kann ich Ihnen hier zusagen.

Dazu habe ich noch eine gute Nachricht für Sie. Ich bin zuversichtlich, dass wir die Digitalisierung des Rettungsdienstes ab 2027 ebenfalls aus dem Sondervermögen unterstützen werden; denn es handelt sich auch hier um eine Investition in unsere Zukunft.

Wenn wir auf das Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität blicken: Alle Maßnahmen zusammengerechnet – es kommen etwa noch die Förderung von Künstlicher Intelligenz (KI)-Reallaboren und der Gesundheitsdateninfrastruktur dazu – entfallen fast 34 Milliarden Euro und damit mehr als zehn Prozent des Bundesanteils in Höhe von 300 Milliarden Euro auf mein Haus. Damit leistet der Bund einen substanziellen Beitrag zur Transformation unseres Gesundheitssystems.

Wir werden diese Verantwortung annehmen, und wir werden ihr gerecht werden, indem wir die Infrastruktur modernisieren und in den nächsten Jahren deutlich voranbringen werden. Wir werden die nötigen Vorkehrungen treffen, dass auch in Zukunft die Hoffnung erfüllt wird, die die Menschen zu Recht haben: die Hoffnung auf eine gute Gesundheitsversorgung unabhängig vom Wohnort.

Zur Versorgungssicherheit gehört in diesen Zeiten auch das Thema Cybersicherheit. Wir werden die Krankenhäuser und weitere systemrelevante Gesundheitseinrichtungen bei den notwendigen Maßnahmen der Informationstechnik (IT)-Sicherheit unterstützen. Denn eine gute Versorgung der Patienten heißt auch eine sichere Versorgung. Dafür werden wir ein Sofortprogramm zum Aufbau resilienter IT-Infrastrukturen auflegen.

Lassen Sie uns zusammen mit Mut und Entschlossenheit diese Vorhaben und diese tiefgreifenden Strukturreformen angehen. Dazu zählen beispielsweise auch die Einführung der Primärarztversorgung oder Regelungen für Apotheken. Bei all diesen Vorhaben freue ich mich auf gute Beratungen und konstruktive Vorschläge. Bis die Reformen wirken und auch die erstrebten finanziellen Entlastungen eintreten, wird aber etwas Zeit vergehen; das ist uns allen klar.

Das gilt auch für die Pflege. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Pflegereform habe ich am Montag gestartet.
Alles kommt hier auf den Tisch. Wir brauchen auch hier mutige Reformen und müssen bedarfsgerechte Leistungen mit Finanzierbarkeit verknüpfen. Eckpunkte erwarte ich hier Ende des Jahres, und dann gehen wir auch hier zügig an die Gesetzgebung.

Für die GKV wird eine Expertenkommission Vorschläge für eine kurz-, mittel- und langfristige Stabilisierung der Beitragssätze erarbeiten. Im Koalitionsvertrag steht, dass diese Vorschläge 2027 vorliegen sollen. Das ist zu spät. Wir brauchen schon deutlich früher Ergebnisse, und das werde ich auch so klar als Auftrag an die Kommission geben. Der Finanzdruck auf die GKV und Pflegeversicherung ist aber – und das wissen wir – unmittelbar sehr hoch. Wir müssen hier auch endlich klare Verhältnisse schaffen, und zwar besser früher als später. Die GKV ist seit Langem strukturell unterfinanziert. Rund zehn Milliarden Euro Unterdeckung verbucht die GKV jedes Jahr wegen der nicht kostendeckenden pauschalen Beiträge für die Versorgung der Bürgergeldempfänger. Auch bei der Pflegeversicherung steht, noch aus der Coronazeit, die Rückzahlung eines Darlehens in Höhe von über fünf Milliarden Euro aus. In beiden Versicherungssystemen müssen wir zudem über die Finanzierung versicherungsfremder Leistungen sprechen.

Bis die Reformen wirken, bis wir die Ausgaben und Einnahmen in eine Balance gebracht haben, brauchen wir jetzt dringend mehr Unterstützung in der Übergangszeit. Die vereinbarten Darlehen sind ein erster wichtiger Schritt, aber sie reichen nicht aus. Sie werden nötige Beitragssatzanhebungen abfedern, sie werden sie nicht verhindern. Es muss uns allen aber darum gehen, weitere Belastungen der Beitragszahler zu vermeiden. Stabile Beiträge sind wichtig für die Versicherten und ebenso für die Wirtschaft, für den kleinen Handwerksbetrieb ebenso wie für große und für Industrieunternehmen. Wir wollen Wachstum, und wir brauchen es, um unsere Wirtschaft und unser Land wieder nach vorne zu bringen. Mit tiefgreifenden Reformen in Gesundheit und Pflege werden wir unseren Beitrag leisten. Darauf können Sie setzen. In diesem Sinne freue ich mich auf konstruktive Beratungen.

Herzlichen Dank.


Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
E-Mail: InternetPost@bundesregierung.de [mailto:InternetPost@bundesregierung.de]
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Telefon: 03018 272 - 0
Telefax: 03018 272 - 2555


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Siehe auch >>>>

Der Pflegenotstand bedarf schnellstmöglich einer Reform an „Haupt und Gliedern“ >>> https://www.wernerschell.de/forum/2/vie ... f=5&t=1378